Brandwache als Lebensretter: Eine unterschätzte Pflicht mit gravierenden Folgen
In einer ruhigen Kleinstadt in Bayern bricht ein Feuer im Dachgeschoss eines Wohnhauses aus. Die Freiwillige Feuerwehr eilt herbei, löscht den Brand, und die Lage scheint unter Kontrolle. Doch wenige Stunden später flammt das Feuer erneut auf und zerstört den gesamten Dachstuhl. Dieser Vorfall, obwohl in einem neuen Kontext, wirft ähnliche Fragen auf wie das Urteil des OLG Saarbrücken (Az. 4 U 137/16): Hätte eine Brandwache diese Katastrophe verhindern können?
Der Fall: Eine Geschichte von verpasster Verantwortung
Gegen 15:00 Uhr wurde die Feuerwehr wegen eines brennenden Dachstuhls alarmiert. Dank des schnellen Eingreifens war das Feuer um 15:45 Uhr unter Kontrolle und die Meldung „Feuer aus“ wurde gegeben. Um 16:30 Uhr verließen die letzten Einsatzkräfte den Ort. Allerdings wurde keine Brandwache gestellt. Um 18:00 Uhr brach das Feuer erneut aus und zerstörte den Dachstuhl vollständig.
In diesem Fall war es nicht die erste Erfahrung der Feuerwehr mit einem solchen Szenario, aber die Entscheidung, keine Brandwache zu stellen, hatte diesmal verheerende Folgen. Der Eigentümer, dessen Haus vollständig zerstört wurde, reichte bei seiner Versicherung eine Schadensmeldung ein. Die Versicherung beglich den Schaden, stellte jedoch Forderungen an die Gemeinde, die Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr war.
Brandwachen: Mehr als nur eine Vorsichtsmaßnahme
Eine Brandwache nach einem Feuer ist keine Option, sondern eine notwendige Maßnahme, um die Sicherheit zu gewährleisten. Bei der Bekämpfung von Bränden in komplexen oder schwer zugänglichen Bereichen, wie Dachböden oder historischen Gebäuden, reicht das bloße Löschen oft nicht aus. Glutnester können übersehen werden, und das Wiederaufflammen des Feuers kann zu noch größeren Schäden führen.
Die Entscheidung, eine Brandwache einzusetzen, liegt im Ermessen des Einsatzleiters. Diese Entscheidung muss jedoch auf einer gründlichen Beurteilung der Situation basieren. Das Risiko eines erneuten Feuers darf nicht unterschätzt werden, insbesondere wenn strukturelle Gegebenheiten des Gebäudes eine vollständige Kontrolle erschweren.
Die rechtliche Perspektive: Amtspflicht und Haftung
Die Frage, ob eine Gemeinde haftbar gemacht werden kann, wenn eine Brandwache nicht gestellt wird und es zu einem erneuten Feuer kommt, wurde im oben erwähnten Fall vor dem OLG Saarbrücken eindeutig beantwortet. Die Gemeinde haftet für Amtspflichtverletzungen der Freiwilligen Feuerwehr, wenn durch das Unterlassen einer notwendigen Maßnahme – in diesem Fall der Brandwache – ein Schaden entsteht.
Gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG können Gemeinden für Schäden haftbar gemacht werden, die durch das Versagen ihrer Beamten entstehen. Freiwillige Feuerwehrleute werden im haftungsrechtlichen Sinne als Beamte betrachtet. Das Unterlassen einer Brandwache, wenn es die Situation erfordert, stellt eine solche Amtspflichtverletzung dar und führt zur Haftung der Gemeinde.
Versicherungen: Rückgriff und Schadensersatz
Versicherungen sind oft die ersten, die bei einem Brandschaden kontaktiert werden. Wenn ein Feuer erneut ausbricht, nachdem es scheinbar gelöscht wurde, stellt sich die Frage, ob die Versicherung für den entstandenen Schaden aufkommen muss und ob sie Rückgriff auf die verantwortliche Partei nehmen kann. Im vorliegenden Fall regulierte die Versicherung den Schaden, forderte jedoch im Anschluss die Aufwendungen von der Gemeinde zurück.
Dieser Rückgriff basiert auf dem Prinzip der Subrogation nach § 86 VVG. Nachdem die Versicherung den Schaden beglichen hat, tritt sie in die Rechte des Versicherungsnehmers ein und kann Schadenersatz von der Partei verlangen, die für den Schaden verantwortlich ist – in diesem Fall die Gemeinde, die es versäumt hatte, eine Brandwache zu stellen.
Sicherheitsdienste: Eine zusätzliche Sicherheitsebene
Neben der Feuerwehr können auch private Sicherheitsdienste eine wichtige Rolle bei der Brandüberwachung spielen. In Zusammenarbeit mit den Feuerwehren können diese Dienste eine zusätzliche Sicherheitsebene bieten, insbesondere in Fällen, in denen die Feuerwehr durch andere Einsätze ausgelastet ist. Sicherheitsdienste können speziell für die Überwachung von Brandstellen ausgebildet werden und bieten Flexibilität in der Nachsorge eines Brandes. Auch gibt es Sicherheitsdienste die sich auf die Stellung von Brandwachen spezialisiert haben.
Praktische Umsetzung: So stellen Sie sicher, dass der Brand endgültig gelöscht ist
Die Entscheidung, eine Brandwache einzusetzen, sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Hier sind einige praktische Überlegungen:
Bewertung der Brandstelle: Vor dem Verlassen des Brandortes sollte eine gründliche Überprüfung auf mögliche Glutnester erfolgen. Besonders gefährdete Bereiche sollten identifiziert und kontinuierlich überwacht werden.
Einbindung von Sicherheitsdiensten: Wenn die Ressourcen der Feuerwehr begrenzt sind, können Sicherheitsdienste hinzugezogen werden, um die Brandwache zu übernehmen. Diese sollten speziell geschult sein, um Anzeichen eines erneuten Feuers zu erkennen und schnell zu handeln.
Klare Kommunikation: Es muss sichergestellt werden, dass alle Beteiligten, einschließlich der Polizei und anderer Rettungsdienste, über die Entscheidung, eine Brandwache einzurichten oder nicht, informiert sind.
Dokumentation: Die Entscheidung, keine Brandwache zu stellen, sollte gut dokumentiert werden, einschließlich der Gründe, warum dies als sicher erachtet wurde.
Fazit: Die unverzichtbare Rolle der Brandwache
Der Fall des OLG Saarbrücken und der hier skizzierte Fall aus Bayern zeigen, wie entscheidend die Einrichtung einer Brandwache nach einem Feuer sein kann. Diese Maßnahme, die oft als optional angesehen wird, kann den Unterschied zwischen einem erfolgreich gelöschten Brand und einer erneuten Katastrophe ausmachen. Die rechtlichen Konsequenzen für Gemeinden, die ihre Pflicht zur Einrichtung einer Brandwache vernachlässigen, können erheblich sein.
Für Versicherungen und Sicherheitsdienste bedeutet dies, dass sie eng mit den Feuerwehren zusammenarbeiten müssen, um sicherzustellen, dass nach einem Brandereignis alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden. Durch eine klare Kommunikation, Schulung und Planung können weitere Schäden verhindert und die Sicherheit der betroffenen Menschen gewährleistet werden.
Der Schutz vor wieder aufflammenden Bränden ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine rechtliche Verantwortung. Gemeinden, Feuerwehren und Versicherungen müssen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Brandwachen nicht als optional, sondern als integraler Bestandteil der Brandbekämpfung und -prävention angesehen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass nach einem Feuer keine weiteren Katastrophen folgen.